Tee in Russland - eine lange Tradition

Bekanntlich ist Russland ein kaltes Land, und es ist deshalb wenig überraschend, dass heiße Getränke seit langem populär sind im Land. Bevor der Tee hier ankam, tranken unsere Vorfahren meist heiße Kräuteraufgüsse, natürlich ihrer wärmenden Wirkung, aber vor allem auch der Gesundheit wegen.

Doch dann kam vor weit über 300 Jahren der Tee, er fand seinen Weg zu uns durch die Wüste aus der Mongolei. Dies, nachdem bereits 1567 die beiden kosakischen Atamanen Petrov und Yalichev Tee nach einer Reise durch China beschrieben hatten. Die Reise war eine Folge der Ausweitung des russischen Reiches in östlicher Richtung (Sibirien und Kasachstan) unter Ivan IV..

Es war dann im Jahre 1638, als der Russische Botschafter dem Mongolischen Khan wertvolle Geschenke des Russischen Zaren überbrachte. Diese Geschenke wollte der Khan natürlich erwidern. Als der Botschafter jedoch die Kiste mit irgendwelchen schwarzen Blättern sah, fragte er beleidgt, was denn das sei. “Das ist das wertvollste Geschenk für den Zaren”, antwortete der Khan. Und als die Ladung dann endlich ankam und das Kraut zubereitet war, soll die erste Reaktion des Zaren gewesen sein: “Ich will mehr davon!”. Dies gilt als der Beginn der Tee-Begeistung in Russland.

Zubereitet wurde der Tee schon damals mittels eines Samovars - einem Requisit, dass uns bis heute erhalten geblieben ist, und Teil des "gut-russischen" Familienlebens ist.

Tee im modernen Leben

In der modernen russischen Gesellschaft ist Tee nicht einfach ein Getränk – es ist vielmehr ein Kommunikationsmittel! Denn wenn wir sagen “Lass uns Tee trinken”, dann heißt das nicht nur Tee zu geniessen, sondern es ist eine Einladung zu einem Treffen mit Freunden, bei dem man sich herzlich austauscht. Und ich möchte erwähnen, dass die Teestunde die vielleicht wichtigste Mahlzeit des Tages ist, denn normalerweise kredenzen wir nicht nur den Tee selber, sondern geniessen dazu verschiedenste Köstlichkeiten wie Gebäcke, Marmeladen und Konfitüren, Zitronen, Honig und Früchte.

Und als Moskauerin möchte ich natürlich sagen, dass unsere Teekultur sehr hoch entwickelt ist, und sich auch von anderen russischen Städen unterscheidet. Es gibt sogar mehrere Teeclubs in Moskau, aber das ist dann eine andere Geschichte.

Und natürlich ist unser Teekonsum im Europäischen Vergleich sehr hoch. Das fiel mir beispielsweise auf, als ich in Schweden studierte. Die Russen müssen wohl in den Augen westlicher Kaffeetrinker sehr seltsame Menschen sein. Wir tranken gerade grünen Sencha in der Nähe unseres Studentenheims, als eine Gruppe von Kerlen vorbeikam. Sie fragten uns, ob wir krank wären. Wir waren komplett überrascht von der Frage, und wollten wissen, warum sie das fragten. "Jedes Mal, wenn wir Euch sehen, trinkt ihr Tee. Kein Mensch kann Tee einfach so zum Vergnügen trinken! Das kann doch nur bedeuten, dass ihr krank seid, und euch der Arzt welchen verschrieben hat…"

Das Angebot an Tee ist in Cafés und Restaurants sehr gut. Obwohl das Kaffeeangebot je länger je stärker wird (es eröffnen fast täglich neue Kaffeebars in Moskau), so findet man doch problemlos immer ein gutes Teeangebot. Zwar werden auch Eistees angeboten, aber schlussendlich schlägt unser Herz immer für den heißen Tee, selbst an heißen Sommertagen, und im Winter sowieso.

Meine Lieblings-Teerezepte...

“Suppen-Kaffee”: Grüner Tee mit Pfefferminz und Zitrone

Grüner japanischer Sencha zusammen mit Pfefferminzblättern und/oder Melisse zubereiten. Ein Tuch auf den Krug legen und für 5 Minuten ziehen lassen. Anschliessend mit Zucker und Zitrone sevieren (nach persönlichem Geschmack beigeben).

Geräucherter Schwarztee mit Ginseng

3 Löffel Lapsang Souchong (schwarzer Rauchtee) oder, falls Sie diesen nicht mögen, Earl Grey in Krug geben, Ginseng hinzugeben, aufkochen, und dann 5 - 10 Minuten warten. Dann serviert man den Tee etwa mit weisser Kirsche und Walnuss-Konfitüre.

Samovar Grundrezept

Geeigneten Tee in den kleinen Krug auf dem Samowar, genannt Zavarka, geben. Geeignet sind nicht bitternde Schwarzteesorten, etwa grossblättriger Ceylon-Tee, Keemun aus China, oder natürlich der rauchige Russian Caravan. Der Tee kann/soll hoch dosiert werden, und er kann beliebig lange im Wasser belassen werden. Dann je nach gewünschter Stärke Tee aus der Zavarka in eine Tasse oder Glas geben, danach Rest mit Wasser aus dem Samowar auffüllen. Dazu, wie oben erwähnt, Früchte und Zucker/Honig geben.